Die St. Marienkirche zu Pasewalk
Baugeschichte
Die Pasewalker Marienkirche ist eine der bedeutendsten mittelalterlichen Backsteinkirchen des norddeutschen Binnenlandes und das bedeutendste Wahrzeichen der Stadt Pasewalk.
1177 wurde in einer Schenkungsurkunde des Pommernherzogs Bogislav I. an die 1168 in Grobe auf Usedom angesiedelten Prämonstratensermönche, die auch das Patronatsrecht erhielten, erstmals eine „Marktkirche“ der Burg Pozdewolk erwähnt. Es könnte sich dabei um einen Vorgängerbau handeln, auf dessen Fundamente man beim Einbau des jetzigen Gemeindezentrums stieß.
1325/50 Bau der Kirche als eine dreischiffige Hallenkirche. Langhaus mit 8 Jochen und Kreuzrippengewölbe. Turm mit Feldsteinsockel, ab 3. Geschoß in Backstein mit reicher Blendengliederung.
Anfang 15. Jahrh. oktogonaler Anbau der Nordkapelle im spätgotischen Stil.
1630 im 30-jährigen Krieg und 1711 im nordischen Krieg Zerstörung von Turm und Kirchendach einschl. Deckengewölbe.
Ab 1734 Wiederaufbau mit Mitteln des preußischen Königs Friedrich- Wilhelm I.
1736 war die Feier des ersten Gottesdienstes wieder möglich.
1795 wurden die Ausstattungsgegenstände der gleichnamigen Kirche aus Stettin erworben und in Pasewalk eingebaut. Dies waren Altar, Orgel und Beichtstühle.
1839 – 41 nach Entwürfen des Landesbaumeisters Brockmann wurde das beschädigte 3. Turmgeschoss erneuert und ein 4. Geschoss mit Galerie sowie ein oktogonaler, neugotischer Aufsatz mit Spitzhelm errichtet.
1860 – 63 Umgestaltung des gesamten Innenraumes der Kirche im evangelisch-prostestantischen Sinne durch den Hofbaurat Friedrich August Stüler. Die Kirche erhielt u.a.den aus Kunststein gestalteten neugotischen Altar und die aus gleichem Material gestaltete Kanzel. Ebenfalls wurde die 64-registrige Kaltschmidtorgel und die nach Entwürfen von Stüler gestalteten Glasmalereien des mittleren Chorfensters eingebaut.
Mai 1945 Zum Ende des 2. Weltkrieges waren die Dacheindeckung und alle Verglasungen der Fenster komplett zerstört.
1947 Wiederherstellung einer provisorischen Dacheindeckung.
1948 Erster Gottesdienst in St. Marien.
1958 – 83 Ausführung von unterschiedlichen Instandsetzungs- bzw. Restaurierungsarbeiten. So z. Beispiel Neuvergoldung von Kugel u.Kreuz, Erneuerung Kupferbelag der Spitze, Instandsetzung Uhr und Zifferblätter, umfassende Erneuerung der Langhauseindeckung.
03.12.1984 In den frühen Morgenstunden Teileinsturz des Turmes von St. Marien.
08.12.1984 Sprengung der Turmruine. In deren Folge wurden auch die westliche Giebelwand des Schiffes, die Orgelempore mit Kaltschmidtorgel und ein 2. Joch des Kircheschiffes zerstört.
Dezember 1984 Antrag der ev. Kirchengemeinde Pasewalk an den Ministerrat der DDR zum Wiederaufbau von St. Marien. Dem Antrag wurde entsprochen.
1986 deckt ein Orkan das noch ungesicherte Dach des Langhauses ab. Zusätzliche Beschädigung des Dachstuhls.
1987/88 Beginn der Sicherungs- und Wiederaufbauarbeiten
02.09.1988 feierliche Grundsteinlegung für den Wiederaufbau von St. Marien.
1989 Die Kirchenruine ist gesichert, das Turmfundament gegossen und der hohle Stahlbetongleitkern des Turmes errichtet. Danach staatlich bedingte Unterbrechung der Arbeiten.
1991 Erst nach der Wiedervereinigung wird der Wiederaufbau unter der Leitung des Architekten Hans-Axel Pietsch fortgesetzt.
29.08.1992 Orgelweihe der für St. Marien neugebauten Sauer-Orgel in St. Nikolai.
20.05.1993 Einweihung des 6-stimmigen Geläutes, davon 5 neu gegossene Glocken. (Anhören)
18.09.1994 Fertigstellung und Aufsetzen der neuen Kirchturmspitze (Turmhelm) .
08.10.2000 Festliche Einweihung des neu eingebauten Gemeindezentrums (Winterkirche).
03.08.2003 Orgeleinweihung der Sauer-Orgel in St. Marien nach Umsetzung aus St. Nikolai.
2012-2013 Vollst. Restaurierung des Langhauses entsprechend der Fassung F. A.Stülers von 1863.
Mordkreuz/Sühnekreuz
Auf dem Kirchplatz vor der St. Marienkirche steht das auf den beigefügten Bildern ersichtliche Mordkreuz. Es besteht aus Muschelkalk(Kalkstein), der aus dem schwedischen Gotland über die Ostsee gebracht und dann hier bearbeitet wurde. Es ist jedoch kein Grabstein aus der Zeit, als das Kirchplatzgelände im Mittelalter als Friedhof genutzt wurde. Uns ist weder der ursprüngliche Standort noch der Zeitpunkt der Umsetzung auf den heutigen Standort bekannt.
Die Bilder geben den Zustand von Januar 2015 wieder. Die verwitterte Oberfläche lässt heute kaum noch etwas von den geschilderten, eingemeißelten Darstellungen erkennen.
Da uns keine neueren und anders lautende Erkenntnisse bekannt sind, zitieren wir nachfolgend den dazu veröffentlichten Text vom Landeskonservator der preußischen Provinz Pommern Hugo Lemcke(1835-1925), aus seinem, im Quellennachweis angeführten Werk.
„Mordkreuz, 2 m hoch aus Schwedenstein, auf dem Marienkirchhofe. Auf der einen Seite ein Crucifixus, auf der anderen ein liegender Dreieckschild mit Helmzier und drei mit der Spitze nach unten gerichteten und vereinigten Schwertern, dem Wappen der Familie Lintstede, die um 1400 in der Umgegend von Pasewalk reich begütert war und in mannigfachen Beziehungen zu der Stadt gestanden hat. Eine Inschrift ist nicht vorhanden ausser dem INRI in gothischen Majuskeln über dem Crucifixus. Der geschichtliche Vorgang, auf den sich das Kreuz bezieht, ist nicht bekannt. Die Vermuthung, dass es errichtet sei aus Anlass der Ermordung des Priesters Zabel Schünemann, der 1367 von den Bürgern Pasewalks erschlagen und am Pranger verbrannt ist, dürfte kaum zutreffen, da ihr das Wappen widerspricht. Immerhin ist das Kreuz als ein „Mordkreuz“, d.h. zur Sühne eines Todschlages errichtet, anzusehen und kann nach der Form und Zeichnung des Wappens und des Crucifixus auf der Rückseite sehr wohl in das 14. Jahrhundert gehören.“